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Jahresbericht

über

sämmtliche Erscheinungen auf dem Gebiete der Geschichte der Philosophie

in Gemeinschaft mit

Ingram Bywater, Alessandro Chiapelli, Hermann Diels, Wilhelm Dilthey, Benno Erdmann, J. Gould Schurman, Paul Tannery, Felice Tocco

und Eduard Zeller

herausgegeben

von

Ludwig Stein.

VIII.

Bericht über die neuere Philosophie bis auf Kant für die Jahre 1888 und 1889

Von

Benno Erdmann in Halle a. S.

Erster Teil

Die deutsche historische Litteratur zur Philosophie dieser beiden Jahre ist nach Umfang und Wert besonders Spinoza und Leibniz sowie nach längerem Nachlassen in geradezu erdrückender Hochflut Kant zu gut gekommen. Kants Lehre ist in meinem Verzeichnis bisher durch mehr als vierzig Arbeiten repräsentirt!

Auch die Zahl der allgemeinen Untersuchungen über die Zeit zwischen Bacon und Kant ist nicht unbeträchtlich. Sie seien zuerst besprochen.

Arbeiten allgemeineren Inhalts

1. FR. UEBERWEGS Grundriss der Geschichte der Philosophie der Neuzeit. Siebente Auflage, bearbeitet und herausgegeben von Max Heinze. Berlin 1888, E. S. Mittler und Sohn, 8°, VIII und 568 S.

"

Heinze hat der neuen Auflage des unentbehrlichen Werks wieder sorgsame Arbeit zu Teil werden lassen, die sich auch äusserlich durch die Vermehrung des Umfangs von 503 auf 568 S. ankündigt. Die Anlage des Ganzen ist die frühere geblieben, da sich dieselbe bewährt hat." Mir ist zweifelhaft, ob dieser Schluss gesichert ist, und vielleicht dient es den Interessen mehrerer, wenn ich dem verdienstvollen Bearbeiter des Grundrisses einige Bedenken in dieser Hinsicht ausspreche.

Archiv f. Geschichte d. Philosophie. III.

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An dem wiederholten Abdruck der kritischen Anmerkungen Ueberwegs zu einzelnen Lehrmeinungen der behandelten Philosophen Anstoss zu nehmen verbietet vielleicht die Pietät. Aber es mag, da sie doch unzweifelhaft aus dem Rahmen des Buchs herausfallen, gesagt sein, dass sie weniger störend empfunden werden würden, wenn sie etwa in einem Anhang als Denkmal der kritischen Stellung Ueberwegs zu jenen Lehren zusammengedruckt würden.

Dankenswerte Arbeit hat der Hrg. auch jetzt wieder auf den ersten Abschnitt, die Uebergangszeit, verwendet, die bei der Fülle der zu behandelnden Lehren, der Verschwommenheit ihres Inhalts, ihrer Ausbreitung auf die mannigfachsten, wenig gegen einander abgegrenzten Gegenstände des Erkennens, endlich bei der Geringfügigkeit der vorhandenen Einzeluntersuchungen im Vergleich zu dem Umfang und der Weichheit des Materials, jedem zusammenfassenden Aufbau die grössten Schwierigkeiten entgegenstellt. Die Teilung des früheren § 5 in drei Paragraphen, unter nicht unbeträchtlicher Veränderung ihres Inhalts ist nur gutzuheissen. Althusius gewinnt hier auf Grund der Entdeckung Gierkes, abgesehen von dem kurzen Hinweis Falckenbergs, zum ersten Mal einen officiellen Platz in der Entwicklung der Rechtsphilosophie jener Zeit. Dringend wünschenswert aber bleibt es, dass, etwa vor den § 3. ein Abschnitt eingefügt werde, der einen Ueberblick über die Richtungen der scholastischen Bewegungen seit dem Beginne der Renaissance gibt, mit besonderer Berücksichtigung derjenigen unter ihren Vertretern, die wir bei Bacon, Hobbes, Descartes, Spinoza, Locke, Leibniz und ihren Zeitgenossen häufiger erwähnt finden, und mit spezieller Rücksicht auf die Lehrmeinungen, von denen wir die letzteren abhängig sehen. Wer über jene Namen und solche Lehren in dem zweiten Teil des Grundrisses oder in den tendenziösen Darstellungen Stöckls nach Belehrung geforscht hat, weiss, wie oft er vergeblich hat suchen müssen. Auch wird die Architektonik des Gesamtwerkes durch eine solche Einschiebung nicht gestört werden, wenn sie lediglich als ein Fundament für die neuere Philosophie bearbeitet wird. Jedoch über den Ort entscheide der Herausgeber; über die Notwendigkeit des Abschnitts

aber wird besonders seit Freudenthals Abhandlung über Spinoza (vgl. dieses Archiv II 305f.) kein Zweifel sein.

Dieses Fundament der Lehren, aus denen sich die neuere Philosophie emporgearbeitet hat, fordert zu seiner Ergänzung ein zweites, eine ähnliche Uebersicht über die Lehren, welche die Kräfte für eben dieses Ansteigen liefern und seine Richtung bedingen: das Aufblühen der Methoden exakter Forschung seit dem Ende des sechzehnten Jahrhunderts, das in dem mos geometricus der damaligen Mechanik die alleinige Methode alles Wissens erblicken lässt. Heinze hat diesen Antrieben fortgesetzt Aufmerksamkeit geschenkt, er registrirt die Arbeiten, die seit Whewell und Apelt, besonders im letzten Jahrzehnt, zur Erhellung dieser Vorgänge gedient haben, mit grosser Vollständigkeit. Aber es fehlt noch die Zusammenfassung, die über die Bedeutung der ganzen Entwicklung orientirt. Sie würde etwa vor dem jetzigen § 8, dem ersten des zweiten Abschnitts, ihren Ort haben müssen. Es würde dann aber allerdings notwendig werden, Fr. Bacon aus dem Zusammenhang des zweiten Abschnitts in den des ersten zurückzuversetzen. Auch damit jedoch würde nur geschehen, was dem jetzigen Stande der Forschung entspricht. Bacon gehört zu Pierre Gassendi, dessen Bedeutung gewiss nicht recht gewürdigt ist, wenn er trotz Langes Erörterung zwischen Männer wie Justus Lipsius und Montaigne eingereiht wird.

Die Bedenken, welche dagegen sprechen, Jakob Böhme und seine Vorgänger mit den Naturphilosophen zusammenzustellen, statt sie im Zusammenhang mit der früheren Mystik und der ganzen religiösen Bewegung des sechzehnten Jahrhunderts abzuhandeln, seien hier unterdrückt.

Dagegen sei kurz erörtert, dass einerseits die Stellung Leibnizens, andrerseits die der französischen Aufklärungsphilosophen nicht wenigen kritischen Benutzern des Buchs nach wie vor Anstoss geben wird. Heinze ordnet:

1. Locke, Berkeley und Zeitgenossen, Deismus und Moralphilosophie in England, § 14-17,

2. Leibniz und Zeitgenossen, Wolff nebst Anhängern und Gegnern, Deutsche Aufklärung und Popularphilosophie. § 18-20,

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