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Beiblatt zur Anglia.

Mitteilungen

über englische Sprache und Litteratur und über englischen Unterricht.

XV. Bd.

Preis: Für den Jahrgang 8 Mark.

(Preis für 'Anglia' und 'Beiblatt' jährlich 24 Mark.)

Juli 1904.

Nr. VII.

I. SPRACHE UND LITTERATUR.

Charles Mills Gayley, Professor of the English Language and Literature in the University of California, and Fred Newton Scott, Junior Professor of Rhetoric in the University of Michigan, An Introduction to the Methods and Materials of Literary Criticism. The Bases in Aesthetics and Poetics. Boston. Ginn & Comp. Publishers. 1899. XII u. 587 ss.

Das werk von Gayley und Scott, das wir so spät zur anzeige bringen, weil wir gerne noch das erscheinen des ergänzungsbandes abgewartet hätten, gehört zu jener höheren klasse von text-books, wie uns Amerika einige geschenkt hat, büchern, die über ein bestimmtes wissensgebiet orientieren. wollen, die probleme, die hier liegen, die zu ihrer lösung angewandten methoden, deren vorzüge und mängel, den gang der forschung, die beziehungen zu den nachbargebieten, die beste art des studiums und ähnliches erörtern. Für solche, die an einem bestimmten punkte weiter forschen wollen, sorgt dann eine ausgedehnte bibliographie, die nicht nur titel verzeichnet, sondern auch darüber auskunft giebt, was man erwarten darf in den einzelnen werken zu finden. Wir glauben, dass solche bücher, immer die gewissenhaftigkeit des bearbeiters vorausgesetzt, schon dann verdienstlich sind, wenn sie nur einen allgemeinen überblick gewähren und dem weiterstrebenden manchen umweg und zeitverlust ersparen. Gesellen sich aber zu gewissenhaftigkeit gründliche kenntnisse und selb

Anglia, Beiblatt XV.

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ständiges urteil, so erhöht sich ihr wert ausserordentlich. Sie werden zu hilfsmitteln, die jeder auf diesem gebiete arbeitende gerne zur hand nimmt und selten ohne nutzen befragt.

Dass ein solches orientierendes werk für das gebiet der litteraturkritik und überhaupt der litteraturforschung eine besondere berechtigung hat, wird jeder gerne zugeben, der weiss, wie viele fragen hier noch ihrer erledigung harren, auf wie viele weitauseinanderliegende gebiete sie hinübergreifen, wie verstreut die forschung und wie wenig zugänglich viele untersuchungen sind, und wie schwer es daher dem einzelnen fällt, das geleistete zu überblicken.

Unsere verfasser zeigen sich für ihre aufgabe wohl gerüstet. Sie sind früher schon mit in das gleiche gebiet einschlagenden arbeiten hervorgetreten und haben 1890 gemeinsam A Guide to the Literature of Aesthetics und Scott allein eine untersuchung Aesthetics, its Problems and Literature veröffentlicht. Wichtiger aber ist, dass sie in unserem buche sich durchgehends als kompetente und wohlunterrichtete männer erweisen.

Die anlage des buches, das wohl aus dem akademischen unterricht herausgewachsen, ist etwas schulmässig, was hier nicht in tadelndem sinne bemerkt wird. Manches ist nur für den anfänger berechnet, der z. b. darauf hingewiesen wird, wie er sich die unterschiede verschiedener arten von kritik klar machen soll, oder der ziemlich detaillierte ratschläge über das studium einzelner fragen erhält.

Die einzelnen kapitel zerfallen meist in einen theoretischen und einen historischen teil. Beidemale finden wir zuerst eine analyse des zu erörternden gegenstandes und eine darlegung der probleme, die darin enthalten sind, mit angabe der autoritäten, die vor allem zu rat zu ziehen sind. Ueber diese unterrichtet dann vor allem die alphabetische mit kürzeren oder längeren notizen versehene bibliographie. Daran schliesst sich die General Note, in der mancherlei winke und litteraturangaben untergebracht sind, für die in den beiden anderen abteilungen kein platz war.

In dem ersten kapitel: Nature and Function of Literary Criticism, das über den gegenstand im allgemeinen orientieren soll, haben wir schon gelegenheit, die ausgedehnte belesenheit der autoren und ihre beherrschung des stoffes zu bewundern.

In dem zweiten: Principles of Art möchten wir namentlich den zweiten teil: Development of Art hervorheben, wo zuerst die mancherlei theorien über den ursprung der kunst, über ihr entwickelungsgesetz oder -prinzip, über die stufen ihres wachstums und über die wirkung der einflüsse des klimas, der religion, der industrie, der wissenschaft, der moral, der erziehung und der politik auf das wachstum der kunst, dann die über die entsprechenden erscheinungen bei den einzelnen künsten angeführt werden.

In dem dritten kapitel über prinzipien der litteratur scheint mir der zweite teil, Comparative Literature besonders wichtig, einmal, weil er die probleme besonders genau und detailliert fasst, dann, weil er auf manche in Deutschland unbeachtet gebliebene schriften hinweist. Es sei gleich bemerkt, dass der ausdruck Comparative Literature in demselben sinne wie in Posnetts bekanntem werke angewandt wird, nämlich zur bezeichnung der theorie der litterarischen entwickelung, die auf dem gedanken beruht, dass die litteratur ein wachsen, blühen und rückgehen kenne, dass sie durch ein stadium des anfangs, des höhepunktes und des sinkens hindurchgehe und dass sich in dieser entwickelung gesetze zeigen. Der abschnitt über Comparative Literature ist also parallel dem über Development of Art.

Die theorie der dichtkunst umfasst kapitel 4, 5, 6. Im letzten dieser kapitel, das über das historische studium der poetik handelt, finden wir einen abriss der geschichte der poetik in England, Deutschland und Frankreich. Deutschland ist hier am knappsten und am wenigsten gut behandelt. Der abschnitt über Frankreich ist erheblich besser und wir bezweifeln, ob auf so engem raume etwas gleich wertvolles über die entwickelung der poetik in England geschrieben worden sei. Zu der dort angegebenen litteratur ist ja inzwischen manches wertvolle hinzugekommen wie Saintsbury's von Koeppel früher hier besprochenes werk und Spingarn's grundlegende arbeit Literary Criticism of the Renaissance (1899).

Das siebente und letzte kapitel behandelt die prinzipien der versification. Da unser buch in erster linie für englisch redende leser bestimmt ist, berücksichtigt es namentlich auch alle prinzipiell bedeutsamen untersuchungen über englische metrik. In der bibliographie zu unserem kapitel ist mancher

beitrag über neuenglische verskunst verzeichnet, den die mehrzahl der festländischen Anglisten wohl niemals erwähnt gesehen hat.

Der zweite band soll den untertitel Literary Types führen.

An unserer schrift möchten wir vor allem rühmen, dass sie im gegensatz zu ähnlichen deutschen arbeiten die litteraturwissenschaft nicht bloss als einen zweig der philologie betrachtet, sondern auch ihre beziehungen zu anderen wissensgebieten, wie zur ästhetik, zur kunstwissenschaft, zur psychologie und soziologie erörtert. Dass es unseren verfassern darum nicht an philologischem verständnis fehlt, wie man in Deutschland bei vertretern solcher bestrebungen nur zu geneigt ist vorauszusetzen, beweist der gelehrte exkurs über die beziehungen der kunst zur natur nach Aristoteles, in dem die genaue geltung der einzelnen ausdrücke aus den verschiedenen schriften des philosophen festgestellt wird. Dieser exkurs soll gleichzeitig als anleitung dienen, wie ähnliche untersuchungen selbständig zu führen sind.

Der rezensent hat nur eine wesentliche lücke entdeckt. die geschichtsphilosophie und deren doch beträchtliche einwirkung auf die litteraturbetrachtung oder der parallelismus zwischen der litteraturgeschichtsschreibung und anderen zweigen der geschichtsschreibung wird hier nicht berührt. Der name Vicos, auf den neuerdings Croce in seiner Estetica mit solchem nachdruck hingewiesen hat, wird überhaupt nicht genannt was auch damit zusammenhängen mag, dass unsere verfasser sich wesentlich auf Griechenland, Rom, England, Deutschland und Frankreich beschränken. Mit der angegebenen ausnahme und innerhalb der beschränkung auf die genannten länder haben sie jedoch die litteratur sehr vollständig und im ganzen dem zweck entsprechend verwertet. In den partieen, die der rezensent mit sachkenntnis beurteilen zu können glaubt, findet er, dass nichts von belang übersehen, dagegen die eine oder andere arbeit angeführt ist, die ihm früher entgangen war.

Den Deutschen wird dies buch in mancher hinsicht nachdenklich stimmen. Es liefert den beweis, dass für eine tiefere auffassung der litteraturgeschichte und der litteraturwissenschaft, die für ihre förderung uns so unendlich viel verdanken, in Deutschland in der letzten zeit weniger als bei den Fran

zosen, Engländern und Amerikanern geschehen ist. Manches urteil über einzelne unserer landsleute ist beachtenswert. Dass Hegel's ästhetik und namentlich der abschnitt über poesie im auslande hochgeschätzt werden, während man sie in Deutschland kaum einmal nennen hört, ist bekannt. Wie weit aber diese schätzung geht, die sich z. b. darin äussert, dass in jüngster zeit Bosanquet und andere Hegel's grundgedanken durch bearbeitung und übersetzung in England bekannt zu machen suchen und dass unsere verfasser nie müde werden auf ihn hinzuweisen, erfährt man mit überraschung aus unserem buch. Wenn Carrière und Rudolf von Gottschall im gegensatz zu der bei uns herrschenden meinung rückhaltlose anerkennung erfahren, so möchte diese verschiedenheit der beurteilung wohl den grund haben, dass man die bei ihnen nicht wegzuleugnenden mängel in Deutschland einseitig betont, während man im ausland über den unbestreitbaren vorzügen, die man bei uns nicht sehen will, die mängel vergisst.

Wir können unser buch jedem, der sich für litteraturwissenschaft interessiert, als ein wertvolles hilfsmittel warm empfehlen. Für den Anglisten hat es noch den weiteren vorzug, dass es ihm manches im englischen sprachgebiet gewollte und geleistete nahebringt, das ihm sonst verborgen geblieben wäre. Freiburg i. B., März 1904. W. Wetz.

Lord Byron. Sein Leben, seine Werke, sein Einfluss. auf die deutsche Litteratur. Von Richard Ackermann. Heidelberg 1901. Carl Winter's Universitätsbuchhandlung. gr. 8. 188 S. Geheftet 2 Mk., fein Leinwandband 3 Mk.

Karl Elze's "Lord Byron" wird dauernd seinen wert behalten wegen seiner sorgfältigen sammlung der auf des dichters leben bezüglichen äusseren thatsachen, aber auch wegen seiner würdigung der dichtungen und der quellengeschichtlichen nachweise dazu. Zu den ersteren ist nichts von belang mehr hinzuzufügen; die werke dagegen lassen sich natürlich sehr verschieden beurteilen, und in betreff der anregungen, welche Byron empfangen hat, ist manches nachzutragen.

Das vorliegende werk ist für studierende bestimmt, und ihnen werden die inhaltsangaben und quellennachweise, die zeittafel, welche sowohl die ereignisse des Byronischen daseins

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